Kooperative Siedlungs- und Landschaftsentwicklung

Handlungsfelder:
HINTERGRUND:
Kooperative Siedlungs- und Landschaftsentwicklung zielt auf den richtigen Umgang mit der wertvollen Ressource Fläche ab.

Die Gemeinden in der Region Regensburg stehen unter einem hohen Wachstumsdruck. Zugleich wird der Klimawandel die Landschaftsentwicklung vor weitere Herausforderungen stellen (Waldumbau, Artensterben). Beides führt zu einem Verlust an biologischer Vielfalt und einer Einbuße bei der landschaftlichen Vernetzung über die Gemeindegrenzen hinweg. Isolierte und separierte Landschaftsteile haben nur noch eine geringe ökologische Funktion, dem entgegenzuwirken ist.

Auch im Sinne des Regionalplans ist auf die Pflege und den schonenden Umgang mit der Landschaft in allen Teilräumen der Region zu achten: Im Gäuboden und auf den Jurahochflächen soll darauf hingewirkt werden, dass durch eine stärkere Durchgrünung die ökologische Vielfalt erhöht und das Landschaftsbild belebt wird. In den Talauen insbesondere der Donau und des Regens sowie an den Jurasteilhängen und in den Dünenbereichen sollen geeignete Rückzugsgebiete für bedrohte Tier- und Pflanzenarten erhalten bleiben. In den geplanten Naturparken ist durch landschaftsschonende Siedlungsentwicklung und Ausführung von Infrastrukturmaßnahmen der Erholungswert und die Fremdenverkehrsattraktivität zu erhalten und zu verbessern.

Im Bereich der nachhaltigen Siedlungsentwicklung spielt das Instrument der Ausgleichsflächen eine etablierte Rolle. Flächen oder Maßnahmen, die einem Eingriff zugeordnet sind, werden als „Ausgleich“ bezeichnet. Das heißt, sie erfüllen die Funktion, Beeinträchtigungen in Natur und Landschaft auszugleichen. Ausgleichsmaßnahmen gleichen die Nachteile, die der Natur entstanden sind, somit durch eine Aufwertung rechnerisch aus (Eingriffs-/Ausgleichsbilanzierung).

Dabei ist innerhalb der Bebauungsplanung stets die Reihenfolge „Vermeiden, Vermindern, Ausgleich“ einzuhalten. Es müssen alle vermeidbaren Eingriffe unterlassen und die unvermeidbaren Eingriffe minimiert werden. Danach beginnt die Ebene des Ausgleichs.
Zielsetzungen sind dabei die Gleichwertigkeit, die räumliche Nähe sowie die Dauerhaftigkeit der Ausgleichsmaßnahmen.

Werden Flächen im Vorgriff auf später erfolgende Eingriffe gesichert oder Maßnahmen durchgeführt, können sie auf sogenannte „Ökokonten“ gebucht werden.

Es gilt das Verursacherprinzip: Wer den Eingriff verursacht, muss für den Ausgleich sorgen. Im Sinne einer koordinierten Gesamtentwicklung von Natur und Landschaft können Kommunen den jeweiligen Verursachern Ausgleichsflächen aus dem Ökokonto zur Verfügung stellen. Die Kosten für die Maßnahme werden durch den Eingriffsverursacher refinanziert – sprich den jeweiligen Bauherren.

Der hohe Entwicklungs- und Wachstumsdruck der Region Regensburg wirkt sich unmittelbar auf die in den Gemeinden zur Verfügung stehenden Flächenressourcen aus. Die zunehmende Flächeninanspruchnahme greift in den Natur- und Wasserhaushalt ein, führt zu biologischer Verarmung und verstärkt die Hochwassergefahr. Charakteristische Orts- und Landschaftsbilder gehen verloren.

Vielen Städten und Gemeinden wird bewusst, dass sie mit Ihren Flächenressourcen sparsam umgehen müssen und ein nachhaltiges Flächenmanagement ratsam ist. Nachhaltigkeit in der Flächeninanspruchnahme bedeutet, neben der wirksamen Reduzierung des Verbrauchs, vorrangig Brachflächen und Baulücken zu nutzen, Leerstand rechtzeitig zu identifizieren und eine Innenentwicklung durch qualitätsvolle Nachverdichtung zu betreiben. Dadurch kann ein Beitrag zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und vielgestaltigen sowie innovativen Wohnformen geleistet werden.

Durch einen steigenden Flächenverlust im Außenbereich gehen wichtige Flächen für Kaltluftschneisen und für die Pufferung von Starkregenereignissen verloren. Eine steigende Anzahl von Hitzetagen und damit eine steigende Hitzebelastung der unterschiedlichen Bevölkerungsschichten (demographischer Wandel) ist zu beobachten.
Kooperation in der Region:
Die Aufgabe einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung – auf ökologischer, sozialer und ökonomischer Ebene – ist es, die Bedarfe der Menschen und der Natur in den Gemeinden und der Stadt Regensburg gleichsam zu berücksichtigen.

Dies erfordert auf Basis einer gerechten Lastenverteilung und mittels eines kooperativen Vorgehens eine regionsweite Abstimmung zwischen den Kommunen bezüglich ihrer Siedlungsstrategien und transparente Pläne zur Siedlungsentwicklung (Wohnen und Gewerbe, soziale Infrastruktur, Freiflächen etc.).

Im Bereich Natur und Landschaft steht die Verringerung des Flächenverbrauchs im Vordergrund. Dazu trägt ein zwischen den Kommunen kooperativ und regionalstrategisch abgestimmtes Landschaftsentwicklungskonzept (LEK) bei.

Bestandteile eines solch interkommunalen Vorgehens sind ein gemeinsames Freiraumkonzept und ein gemeindeübergreifender Biotopverbund. Dadurch können ökologisch wertvolle Flächen und naturnahe Erholungsräume in Stadt und Umland gestärkt werden. Neben Erholung und Naturschutz wird auch die regionale Landwirtschaft in die Betrachtung einbezogen, die auf den Erhalt von Nutzflächen angewiesen ist. Regionale Grünzüge und landschaftliche Vorbehaltsgebiete des Regionalplans sowie Entwicklungsvorschläge aus dem zu erstellenden Landschaftsentwicklungskonzepts sollen mit den fachlichen Darstellungen aus den Landschaftsplänen der Gemeinden zusammengeführt werden. Daraus kann ein regionsweiter Biotopverbund als Teil des Bayerischen Biotopverbunds entwickelt werden.
Bei der Ausweisung von Ausgleichsflächen für Eingriffe in die Natur und Landschaft ist ein kooperatives Ausgleichsflächenmanagement der Ansatzpunkt. Wo der Ausgleich in räumlicher Nähe nicht möglich ist, wird kooperatives Vorgehen unumgänglich.

Im Bereich Flächenmanagement werden durch Kooperation eine bauliche Konzentration und dichtere Strukturen ermöglicht, welche einer Zersiedlung vorbeugen und Flächenressourcen schonen. Bei größeren Bauprojekten werden die jeweils angrenzenden Gemeinden eingebunden und können – sofern erforderlich – als Kooperationspartner fungieren.

Das Leitprojekt Kooperative Siedlungs- und Landschaftsentwicklung umfasst dementsprechend die folgenden zentralen Maßnahmen, die untenstehend im Einzelnen beschrieben sind:
  • Erstellung und Umsetzung eines gemeindeübergreifenden Landschaftsentwicklungskonzepts
  • Kooperatives Management der Ausgleichsflächen für Eingriffe in Natur und Landschaft
  • Kooperatives und nachhaltiges Flächenmanagement

Ziele und Ergebnisse:
Teilprojekt 1: Erstellung und Umsetzung eines gemeindeübergreifenden Landschaftsentwicklungskonzepts
  • Ziel des Landschaftsentwicklungskonzeptes ist es, die Landschaften der Region in ihrer naturgegebenen und kulturell gewachsenen Vielfalt nachhaltig zu stärken und zu entwickeln. In dem gemeindeübergreifenden Landschaftsentwicklungskonzept sind Bedeutung und Wert der Kulturlandschaft einschließlich wertvoller Agrarböden und Wälder sowie ihre Vernetzung über die Gemeindegrenzen hinaus dargestellt.
  • Aufbauend auf dem bisherigen Verlust und der Separierung von Landschaftsteilen sind Lösungsmöglichkeiten, z. B. Grünbrücken, Ökotunnels und neu zu schaffende Biotopverbundsysteme aufzuzeigen. Das Landschaftsentwicklungskonzept integriert alle geschützten Flächen wie Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete, Wasserschutz- und Überschwemmungsgebiete der Gemeinden sowie Bann- und Erholungswälder aus dem Waldfunktionsplan.
  • In dicht besiedelten Bereichen liegt ein Fokus auf Begrünungsmaßnahmen und gärtnerisch nutzbaren Flächen, die der Klimawandelanpassung dienlich sind: Grünflächen wirken einer Überhitzung entgegen, indem sie zur Entstehung und Leitung von Kaltluft beitragen. Parks und andere baumbestandene Grünflächen bieten Schatten und erhöhen die Aufenthalts- und Luftqualität. Durch die Versickerungsfähigkeit natürlicher Böden wird der Oberflächenabfluss reduziert und die Kanalisation entlastet.
  • Für besonders bedrohte Pflanzen- und Tierarten in der Region werden Artenhilfsprogramme aufgelegt. Ein besonderes Anliegen ist diesbezüglich zum Beispiel das Anlegen von Blühflächen. Durch den regionsweiten Biotopverbund entstehen zudem neue Möglichkeiten zur Zusammenarbeit bei der Ausweisung von naturschutzdienlichen Ausgleichsflächen.
Teilprojekt 2: Kooperatives Management der Ausgleichsflächen für Eingriffe in Natur und Landschaft
  • Hochwertige, abgestimmte und sich ergänzende Kompensationsmaßnahmen tragen dazu bei, die Probleme zu entschärfen und die Akzeptanz vor Ort zu erhöhen. Im Interesse der hier lebenden und Erholung suchenden Menschen soll die Region nicht nur von möglichen negativen Wirkungen durch Bau- und Betriebsmaßnahmen verschont werden, es sollen vor Ort auch positive Effekte durch die geforderten Kompensationsmaßnahmen entstehen (z.B. Stärkung der Umweltqualität in den Kommunen, in denen Ausgleichsflächen ausgewiesen werden)
  • Gemeinsame Nutzung und Auswertung des Bayerischen Ökoflächenkatasters zur Identifikation der ökologisch bedeutsamen Flächen der Region
  • Anreize für Kommunen schaffen, damit sie ein Interesse haben Ausgleichsflächen in enger räumlicher und zeitlicher Verknüpfung des Eingriffsbereiches zu schaffen und ggf. hierbei mit der Stadt Regensburg oder sonstigen Kommunen, die unter hohem Flächendruck leiden, zu kooperieren
  • Anregung zum Führen von Ökokonten auf Kommunalebene (zeitnah und unter Angabe der räumlichen Verteilung, um Auswertung des Ökoflächenkatasters zu verbessern)

Teilprojekt 3: Kooperatives und nachhaltiges Flächenmanagement
In enger Zusammenarbeit der Kommunen wird ein Positionspapier zum Thema (kooperatives) nachhaltiges Flächenmanagement zu entwickeln, auf dessen Basis ein Leitfaden für die nachhaltige Flächennutzung in der Kommunalentwicklung entstehen kann. Bei der freiwilligen Anwendung des Leitfadens haben eine umwelt- und sozialverträgliche Innenentwicklung, die Erhaltung von Biotopen, geschützten Flächen und landwirtschaftlich bedeutsamen Bereichen sowie das Flächensparen hohe Priorität. Für die Umsetzung des Leitfadens werden die vorhandenen Planungsinstrumente der gemeindlichen Bauleit- und Landschaftsplanung zielgerichtet eingesetzt. Analog zu den Inhalten des Leitfadens werden auf interkommunaler Ebene gemeinsame Zielmarken für die Flächeninanspruchnahme entwickelt und die Zielerreichung gemeinschaftlich überprüft. Für einen ressourcenschonenden Umgang mit Flächen werden auf kommunaler Ebene suffiziente Wohnformen, die auf die Reduzierung des Pro-Kopf-Flächenbedarf durch gemeinschaftliche Nutzungsformen hinwirken, unterstützt.

Ziele der Maßnahme:
  • umwelt- und sozialverträglicher Innenentwicklung gegenüber einer Außenentwicklung den Vorrang geben
  • Bauland am Ortsrand zurückhaltend ausweisen, dabei landwirtschaftliche Flächen für die regionale Landwirtschaft erhalten
  • bedarfsgerechte, flächensparende und kostengünstige Wohnformen fördern z. B. durch modulares Bauen zur Anpassung an Lebensphasen oder durch den Einbezug von Freiflächen mit Nutz- und Aufenthaltsqualität,
  • Flächeninanspruchnahme reduzieren, z.B. durch Erhöhung der Geschossflächenzahl oder Weiternutzung von Leerständen durch innovative Konzepte,
  • bauleitplanerische Instrumente, städtebauliche Verträge, kommunale Vorkaufsrechte und Konzeptvergaben im Sinne der nachhaltigen Entwicklung nutzen
  • Beispiele interkommunaler Kooperationen bei der Gewerbegebietsausweisung schaffen und bekannt machen
Ergebnisse der Maßnahme:
  • abgestimmte Zielmarken auf Gemeindeebene für die Flächeninanspruchnahme (z. B. in qm je Neubürger und Arbeitsplatz)
  • Modellquartier für suffizientes Wohnen unter ökologischen, sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeitskriterien errichten
  • Parkplätze mit günstigem Wohnraum überbauen bzw. für Energieerzeugung nutzen
Vorgehen:
Teilprojekt 1: Erstellung und Umsetzung eines gemeindeübergreifenden Landschaftsentwicklungskonzepts
  1. Sichtung und Zusammenführung der vorhandenen fachlichen Informationen und Pläne (z.B. Teilraumgutachten Stadt und Umland Regensburg, Regionalplan Region Regensburg, Landschafts- und Flächennutzungspläne der Gemeinden, der Landkreis von seiner grünen Seite, Freiraumentwicklungskonzept der Stadt)
  2. Entwicklung eines Leistungsbildes und einer Leistungsübersicht für das Landschaftsentwicklungskonzept in enger Zusammenarbeit mit Stadt, Landkreis und Gemeinden sowie der Unteren Naturschutzbehörden; Leistungsbild und Leistungsübersicht bilden die Grundlage für die Angebotseinholung bei fachlich qualifizierten Landschaftsplanungsbüros
  3. Auftragsvergabe sowie durchgängige Begleitung und Abstimmung zwischen Naturschutzbehörden, Planern und Beteiligten (inkl. Runde Tische zu Landschaftsentwicklung & Biotopverbund)
  4. begleitend zur Erstellung des Landschaftsentwicklungskonzeptes: Umsetzung von Sofortmaßnahmen unter Beteiligung der Bürgerschaft
Teilprojekt 2: Kooperatives Management der Ausgleichsflächen für Eingriffe in Natur und Landschaft
  1. Definition der exakten Betätigungsfelder für eine interkommunale Kooperation im Bereich der Ausgleichsflächen
  2. Aktive Kontaktaufnahme zur Zusammenarbeit mit dem „Zentrum für nachhaltige Kommunalentwicklung in Bayern“ im Bereich praxisnaher Empfehlungen und konkreter Handlungsoptionen
  3. Erstellung eines kooperativen Ausgleichsflächenkonzepts
  4. Laufende Umsetzung des Konzepts
Teilprojekt 3: Kooperatives und nachhaltiges Flächenmanagement
  1. Erstellung eines Positionspapiers zu kooperativem und nachhaltigem Flächenmanagement, u. a. mit Empfehlungen in Bezug auf interkommunale Gewerbegebiete und Ausweisungen von Flächen vorrangig in der Nähe von vorhandenen Infrastruktureinrichtungen oder mit dem Fokus auf Co-Nutzungsformen (z.B.  Parkplätze oder Gewerbebauten für Wohnnutzungszwecke überbauen oder aufstocken)
  2. Erarbeitung eines konkreten Leitfadens für das kommunale Handeln auf Basis des Positionspapiers in Zusammenarbeit mit den Kommunen in der Region mit dem Ziel der breiten Anwendung
  3. Abstimmung mit den politischen Gremien und Billigung des Leitfadens per Beschluss
  4. Entwicklung eines Systems zur Überprüfung und Sichtbarmachung der Erfolge
  5. Prüfung der Unterstützung und Fördermöglichkeit durch das „Zentrum für nachhaltige Kommunalentwicklung in Bayern“ (www.kommunal-nachhaltig.de
  6. Anwendung des Leitfadens in den Gemeinden
Beteiligte:
Projektpaten: Stadt und Landkreis in Zusammenarbeit mit dem regionalen Planungsverband und der Regierung der Oberpfalz
Co-Paten: Markt Regenstauf, Stadt Wörth a.d. Donau, Gemeinde Mintraching, Gemeinde Wiesent, Gemeinde Alteglofsheim; Insgesamt jeweils 16 (bzw. 18 bei der Erstellung Landschaftsentwicklungskonzept) Gemeinden haben bereits ihre aktive Beteiligung zugesichert.
Weitere Beteiligte: Untere Naturschutzbehörde und weitere Fachgebiete des Landratsamtes, Gemeinden/Bürgermeister, Naturschutzbeirat, Bund Naturschutz, Landesbund für Vogelschutz, NABU, Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Bayerischer Bauernverband, Potenzielle Kooperationspartner, Landschaftspflegeverband Regensburg e.V., Heimatpflegerinnen und -pfleger, Bayerische Staatsforsten und private Waldbesitzerinnen und -besitzer, Höhere Naturschutzbehörde, Stadtplanungsamt, Gartenamt, Amt für Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz der Stadt Regensburg, Landschaftspflegeverband Regensburg e.V., Green Office UR, Verein für Naherholung, externe Berater/Dienstleister, Untere Bauaufsichtsbehörden, Bauämter von Landkreis und Kommunen, Klimaschutzmanager des Landkreises und der Kommunen; Donau-Naab-Regen-Allianz (DoNaReA), GFN Regensburg, Arbeitskreis Kultur Regensburger Bürger e.V., Regensburg Tourismus GmbH, Bürger Energie Region Regensburg eG (BERR eG), Energieagentur Regensburg e.V., das Stadtwerk Regensburg GmbH
Laufzeit:
2022 - 2025 für die Erarbeitung; danach laufend